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Zwei Chöre und Thomas Schuch

OVB vom 15.05.2015:

Umjubeltes Sommerkonzert des Rosenheimer Musikvereins mit Barock und Beethoven

Ein Chor ist gut. Zwei Chöre sind manchmal besser, vor allem, wenn ein üppiges Konzertprogramm die Zweizahl benötigt – wie im Sommerkonzert des Rosenheimer Musikvereins im nicht ausverkauften Kultur- und Kongresszentrum.

Thomas J. Mandl hatte sich den oberösterreichischen Michel-Haydn-Chor Lamprechtshausen als Partner ausgesucht und dessen Leiter Leo Ederer sogar das Dirigat des ersten Programmpunktes überlassen: doppelchörige A-cappella-Werke aus dem Frühbarock. So konnten beide Chöre im Wechsel wetteifern in Chorprachtklang und man konnte zwei verschiedene Chorfarben hören, die sich steigernd überboten in den „Singet-dem Herrn“-Chören von Johann Pachelbel und Heinrich Schütz. Wobei man auch hörte, dass der Michael-Haydn-Chor erfahrener im A-cappella-Gesang ist. Ederer sorgte für schwingenden Rhythmus und agogische und dynamische Akzente, sodass die „Jauchzet“-Rufe sich hymnisch steigerten.
Dann übernahm wieder Thomas J. Mandl das Szepter: Mit hochbarockem Chorprunk endete auch das Konzert, nämlich mit den vier „Coronation Anthems“ von Georg Friedrich Händel, vertonten Psalmen in Kantatenform. Da konnten die vereinigten Chöre mit guten Chorläufen und -koloraturen brillieren und in nimmermüden Alleluja-Rufen glänzen – auch wenn die Männerstimmen in exponierten Stellen etwas Mühe hatten. Aber der freudig-festliche, nimmer enden wollende, vom Dirigenten immer wieder energisch angefeuerte Jubelschwung überzeugte. Schön war es, dass man diese festliche Freudigkeit den Sängern auch ansah. Die Trompeten strahlten vorbildlich zusammen mit den reichhaltigen Bläsern und die Streicher umrankten fleißig die Hymnen mit komplexreichem Figurenwerk.
Das Geschehen dazwischen dominierte ein junger Pianist aus Rosenheim: Thomas Schuch, nicht – man muss es immer wieder sagen – verwandt mit seinem Namensvetter Herbert Schuch. Sehr souverän trat er als gereifter Künstler auf und überzeugte mit einem dreifachen jeweils eigenen Zugriff auf drei verschiedene Klavierwerke. Zusammen mit dem Dirigenten setzte er in Mozarts c-Moll-Klavierkonzert KV 491 nicht auf das auch mögliche düstere Tragik-Pathos, sondern eher auf hochkultivierte schönsingende Wehmut.
Sehr subtil ist Schuchs Klangfarbensinn, klar und luzide und im Diskant leuchtend ist sein Ton, logisch nach vorne gerichtet ist die Dynamik, energisch zielgerichtet sind die Läufe. Hervorragend gelingen Solist und Dirigent die Verzahnung mit dem Orchester, den anschmiegsam-weichen Streichern und den hellwachen, nur bisweilen etwas harten Bläsern. In dem zauberhaften Larghetto lässt Schuch, durchaus das Alla-Breve-Tempo wörtlich nehmend, das Klavier einfach singen und rhythmisch schwingen und unterstützt dies immer wieder mit der mitschwingenden nicht spielenden Hand. Auch im Finale herrscht nicht dämonische Zerrissenheit, sondern teilweise spielerische Spitzbübigkeit, bevor der Pianist durch träumerische entlegene Tonart-Landschaften wandert. Träumerisch blieb Schuch auch in der Zugabe, einem Intermezzo aus Brahms‘ spätromantischem op. 116.
Dass er durchaus auch zulangen kann, zeigte Thomas Schuch dann in der „Chorfantasie“ von Ludwig van Beethoven. Ob majestätisch rollende Oktaven, ob vollgriffige Akkorde, ob rauschende oder murmelnde Arpeggien oder stürmisch hinaufjagende Passagen: Schuch kann’s und zeigt’s, nämlich pianistische Virtuosität. Auch die vielen klangpoetischen Spiele mit den jetzt hervorragend aufspielenden Bläsern bezaubern, bis endlich der Chor kommt: Schmeichelnd hold und lieblich beginnen die Frauenstimmen und singen mit den Männerstimmen „wie der Wellen Wechselspiel“, wie’s im Text so blumig heißt. Zwischendurch hört man, wie schwierig und wie nicht so stimmpassend Beethoven komponiert, aber insgesamt verfehlt diese Fantasie-Mischung aus holden Harmonien, Militärmarsch-Anklängen und Zauberklängen ihre Wirkung nicht und rief am Ende stürmischen Beifall, Jubelrufe und Bravi hervor: Nicht zuletzt dürfte diese Aufführung eine Erstaufführung in Rosenheim sein. Also durchaus ein epochales Ereignis.