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Zwei aufgehende Sterne

OVB vom 21.12.2018:

Rosenheim – Die Programmplanung der Innphilharmonie war erfolgreich: Der große Saal des Kultur- und Kongress-Zentrums war so gut wie ausverkauft beim Weihnachtskonzert.

Auf dem Programm stand nicht Bach, sondern hochromantische Musik: „Der Stern von Bethlehem“ von Joseph Rheinberger und das Violinkonzert Nr. 1 von Max Bruch.

Im geheimnisvoll schauernden Piano schweigt anfangs die Erde, bevor der Stern von Bethlehem aufgeht. Thomas J. Mandl ließ den Chor im kräftigem Mezzoforte singen, das dann noch drängender, flehender wurde: Als wollte er den Text von Fanny von Hoffnaas, der Gattin des Komponisten, aus dessen Süßlichkeit retten – nicht aber die Musik, die diese Weihnachtskantate in neun Bildern schillernd illustriert.

Selbstbewusst und mit hochkontrolliertem Ton spielt die Rosenheimer Geigerin Marita Hörberg. Janka© OVB

Das Orchester hat ordentlich zu tun, anfangs waren die Geigen nicht ganz homogen, dann aber schwelgte das ganze Orchester in den satten Farben, mit denen Rheinberger das Weihnachtsgeschehen malt. Das schön aufspielende Englischhorn und die Flöte charakterisieren die Hirten, die im pastoralen, aber auch bayerisch klingenden Dreiertakt und bei der Krippe anbetend-innig singen, das taten die Sopranstimmen mit mädchenhaft zarter Klarheit auch in der Höhe.

Mit stürmischer Orchesterbegleitung marschiert die Karawane der Heiligen Drei Könige heran, das Orchester lässt hier die exotische Klangpracht aufleuchten und der Chor begrüßt freudig warm den „Stern mit lichten Gefunkel“.

In der nachfolgenden Anbetung der Weisen hätten es schon ein paar Männer mehr sein dürfen, die vorhandenen Männerstimmen aber beteten das Jesukind würdevoll an. Der ganze Chor steigerte sich im letzten Bild mit einer energischen Chorfuge zum jubelnden Schluss. Mandl dirigierte mit viel Temperament, mit energischen anfeuernden Gesten und viel anteilnehmender Mimik.

Nur zwei Solisten hat diese Kantate, wobei der Bariton ruhig mehr als eine Arie hätte haben dürfen, so artikulationsgenau-eindringlich sang Andreas Burkhart und so sympathisch ist das Timbre seiner hellen Baritonstimme. Der Sopran betet mit den Hirten, ist der Verkündigungsengel und beschreibt die Gottesmutter Maria. Flore van Meerssche strahlte vor Verkündigungsfreude und blühte geradezu auf im Mutterglück der Gottesmutter. Nur ein paar Konsonanten mehr hätte man gerne gehört. Aber in ihrer Stimme war Weihnachten.

Doch vor diesem aufgehenden Stern aus Bethlehem ging noch ein anderer Stern auf, einer am Geigenhimmel: Marita Hörberg, die aus Rosenheim stammt, am Ignaz-Günther-Gymnasium Abitur gemacht hat, beim Jugend-musiziert-Wettbewerb den ersten Preis gewonnen hatte, dann Mitglied im Bundesjugendorchester war und jetzt an der Frankfurter Musikhochschule studiert, spielte das Violinkonzert in g-Moll von Max Bruch. In selbstbewusster Haltung stand sie da, fügte sich organisch in das Orchester ein, ließ ihre Geige gleich in süße Höhen steigen, markierte dann energisch das Thema, baute große Spannungsbögen und gewann immer mehr an Sicherheit. Mit dem ganzen Körper spielte sie mit, auch wenn sie grad nicht spielte, kommunizierte hervorragend mit dem Orchester, dessen Geigen sie warm umspielten, während die Bläser zunächst etwas harsch waren. Thomas J. Mandl ließ die Orchesterausbrüche heftig aufrauschen, dirigierte überhaupt äußerst leidenschaftlich und hatte dieses Werk voll im Griff.

Violine und Horn im Dialog

Im Adagio gestaltete Marita Hörberg zauberhafte Dialoge mit dem jetzt anschmiegsam klingenden Horn und sang süß und versonnen mit ihrer Geige in immer hochkontrolliertem Ton, mit dem sie dieses ach so bekannte Violinkonzert aus der Plüschigkeit holte und diesen Satz zum Zentrum des Konzerts machte – dann reißt es sie im Finale mit rhythmischem Feuer hin, sie attackiert zielbewusst die Spitzentöne und rast rasant in die Stretta: Bravo-Rufe und Füßegetrampel waren drin im ausbrechenden Applaus.

Veröffentlicht auf OVB Online am 21.12.2018