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Weihnachtsjubel mit jungen Stimmen

OVB vom 14.12.2016:

Das Rosenheimer Kultur- und Kongresszentrum war fast ausverkauft beim Bach’schen Weihnachtsoratorium des Rosenheimer Musikvereins.

Dessen musikalischer Leiter Thomas J. Mandl hatte die Kantaten I und III bis VI ausgewählt, sodass die Aufführung mit dem Weihnachtsjubel begann und mit dem großen Erlösungsjubel endete.

Für die Solopartien hatte Mandl ausschließlich junge Stimmen ausgesucht. Den Solisten hat Bach ja verschiedene Möglichkeiten des musikalischen und emotionalen Ausdrucks anvertraut, wie auch Annette Kopf im Programmheft darlegt. So muss der Tenor das biblische Geschehen erzählen und verkünden, ist also die Stimme, gleichsam der Botschafter der Frohen Botschaft. Dazu wünscht er sich in einer Arie Kraft zur Christusnachfolge („Ich will nur dir zu Ehren leben“) und singt am Schluss einen Siegesgesang („Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken“). Dafür braucht er Glanz, Kraft und Beweglichkeit. All dies hatte der lyrisch strahlende Tenor von Dávid Szigetvári. Er zeigte leuchtende Verkündigungsfreude, blieb in den vielen Koloraturen seiner Arien locker und flüssig, hätte die einzelnen Sechzehntel aber durchaus noch mit mehr Energie füllen können, wie es Marija Hackl mit ihrer Solovioline vormachte.

Der Bass ist die Stimme der Welt: Andreas Burkhart agierte mit seinem natürlich timbrierten und warmen Bariton intelligent und wortdeutlich, gab den Weisen und Herodes eine je andere Stimmfärbung und schien den „großen Herrn und starken König“ in seiner Arie fast zu demokratisieren, so wenig trumpfte er bassig-markig auf. Immer weiß er, was er singt.

Der Alt hat die – durchaus auch erotisch angehauchte – Rolle der Braut Christi, metaphorisch der Kirche. Die gebürtige Rosenheimerin Sonja Bühling artikulierte sehr wortdeutlich, legte aber mehr Wert darauf, als sich der zärtlich verströmenden Melodik hinzugeben.

Der Sopran vertritt die menschliche Seele: Wenn man dem goldhellen Sopran der schwarzhaarigen Sopranistin Bianca Tognocchi glaubt, ist die Seele hell und rein. Ein reizvolles Wechselspiel, gleichsam ein Zwiegespräch der Seele mit sich selbst, war ihre Echo-Arie, in der die junge Choristin Leonie Janka dem Sopran mit selbstbewusst-wissendem und aufforderndem „Ja!“ antwortete. Dies war umso schöner anzuhören, als dieses Echo sonst oft so leis gezirpt klingt.

Klang der so überfallartig herabstürzende Weihnachtsjubel des Beginns im Chor und Orchester noch etwas verhalten, nahmen beide nach der Pause Fahrt auf und verstärkten ihre Ausdruckskraft und -freude. Jetzt feuerte Mandl manchmal das Orchester durch ein paar suggestive Gesten an, und das Orchester antwortete freudig erregt darauf, die Geigen mit fast fetziger Explosivität.

Das Gloria hatte Feuer

Gerade das Gloria („Ehre sei dir, Gott, gesungen“) hatte im Chor Feuer und animierenden Drive. Und jetzt klang der Chor insgesamt präsenter, plastischer und gut durchhörbar. Den Choral „Dein Glanz all Finsternis verzehrt“ sang er geradezu verzehrungsselig, die Tenöre schnaubten wacker in dem Anfangschor zu Kantate VI („Herr, wenn die stolzen Feine schnauben“), der Choral „Ich steh‘ an deiner Krippen hier“ kam schlicht und schön. Überhaupt waren die Choräle natürlich und mit viel innerer Anteilnahme gesungen.

Mandl wählte nicht zu schnelle Tempi (nur ausgerechnet die Echo-Arie war etwas eilig) und betonte immer wieder den tänzerischen Gestus. Die Trompeten und auch die Holzbläser bekamen zu Recht Sonderapplaus: Die Trompeten jubelten unermüdlich in beflügelter Virtuosität, die Viola d’amore blies ganz zärtlich, die Celli waren markant.

Sehr schön im Zusammenspiel und warmen Zusammenklang waren die Ensemble-Stücke, die Arien, in denen Bass und der zarte Chor-Sopran oder Alt, Sopran, Tenor und die alles feinst umrankende, sehr prononciert und wohlphrasierende Solovioline von Marija Hackl zusammen musizierten: Da war Glanz, da waren Innigkeit und flehentliche Erwartung: Da war Weihnachten.