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Sommernacht und Morgengebet

OVB vom 19.12.2013:

Sommerkonzert des Rosenheimer Musikvereins in Haidholzen

Das Sommerkonzert des Musikvereins Rosenheim in der katholischen Kirche in Haidholzen war so gut besucht, dass zusätzliche Stühle herbeigeschleppt werden mussten. Thomas J. Mandel hatte ein sommerliches Programm mit Werken von Mendelssohn Bartholdy und Mozart ausgewählt: Werke, die jeder kennt oder die jeder fast jeder singt oder die zumindest jeder gerne hört.

Der Höhepunkt kam gleich am Anfang: Rebekka Hartmann spielte das Mendelssohn’sche Violinkonzert. Und dies mit einer Inbrunst, vibrierenden Energie und blutvollen Leidenschaft, dass alle Zuhörer von den ersten Tönen an gebannt waren. Ihr großer voller Ton füllte mühelos die Kirche, das Vibrato setzte sie zielbewusst ein, verschwendete es nicht an jede Phrase. Der Begriff des „appassionato“, das der Kopfsatz verlangt, schien von ihr erfunden zu sein, so herrscherlich dominierend machte sie sich dieses Konzert zu eigen. Hervorragend wusste sie die Allegro-Teile von den langsameren, innigen Teilen zu trennen, also eine dramatische Fallhöhe zu konstruieren, die das vielgehörte Werk spannend wie neugehört machte. Ihr singender Geigenton blühte sinnlich auf im Andante, das Sommernachts-Elfenschwirren im Schlusssatz kam so beschwingt, ja rasant, dass das begleitende Orchester Mühe hatte, ihr zu folgen, so sehr es auch vorher sie in den Bläsern sanft und farbenreich umschmeichelt hatte.
Mit dem Dirigenten verstand sie sich sehr gut, stellte immer wieder Blickkontakt her, Mandel ließ ihr galant den interpretatorischen Vortritt. Und wer sie sehen konnte, sah, dass ihre katzenhafte Körpersprache analog war zu ihrer spielerischen Leidenschaft. Die tobende Begeisterung des Publikums beantwortete Rebekka Hartmann mit der Gavotte aus Bachs Partita in E-Dur, auch die mit Verve und tanzendem Nachdruck gespielt.
Darauf musikalisch zu antworten ist natürlich schwer. Thomas J. Mandel will beim Musikvereins-Chor die Kunst des A-cappella-Singens forcieren. Diesmal waren es fünf Chorlieder von Mendelssohn, betitelt „Lieder im Freien zu singen“, auf Texte von Ludwig Uhland, Goethe und Eichendorff. Hochromantische, chorisch nicht immer leichte, hochdifferenzierte Chormusik. Den Sängern schien diese Chormusik Freude zu machen, man spürte ihren Willen zur genauen Textdeklamation. Und doch gerieten manche Lieder zu machtvoll für den Raum, zu wuchtig und damit zu wenig geschmeidig, zu wenig leichtbewegt. Der Chorklang war scharf, im Bass deutlich umrissen und klangschön. Dem „wunderbaren tiefen Schweigen“ in Eichendorffs „Morgengebet“ fehlte ein bisschen gebethafte Tiefe.
Dafür war die letzte Strophe, die das menschliche Leben als Weg durch die Welt mit ihrem Gram und Glücke hin überm Strom der Zeit zu Gott deutet, eine schöne Brücke zum letzten Programmpunkt, zu Mozarts „Krönungsmesse“. Die hat nun jeder wackere Kirchenchor im Rosenheimer Land in seinem Repertoire. Der Chor kann hier nur wenig „zeigen“. Mandel betonte mit meist breiten Tempi die Festlichkeit dieser Messe, gab nur dem Gloria mehr Schwung und ließ es ansonsten laufen, hob wenig von den im Programmheft angesprochenen Orchesterstimmen hervor, so etwa die schmerzlich seufzende Kreuz-Gestik der Streicher im „Cruzifixus“ oder das spirituelle Geigengeflirre im „Et in spiritum“. Der Orchesterklang war warm und leuchtend in den Bläsern. Im Solistenquartett war der Bassist Thomas Hamberger der souveränste, dem Tenor Markus Herzog und der Altistin Gisela Schubert schien diese Messe nicht unbedingt eine Herzensangelegenheit zu sein, sie überließen generös der Sopranistin Barbara Baier die Bühne. Die nutzte sie mit der opernhaften und vibratoreichen Fülle ihres sehr kopfigen Soprans, natürlich auch in dem berühmten, wunderbar innigen „Agnus Dei“.
Langanhaltender sympathieanzeigender Beifall beendete dieses Sommerkonzert.