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Geniale musikalische Ergänzung

OVB vom 26.11.2014:

Chor und Orchester des Musikvereins Rosenheim spielen zur 150-Jahrfeier der Stadt

Die Gedichte Georg Trakls, der genau vor 100 Jahren starb, sind geprägt von Tod, Sterben und Verfall. Eine aufwühlende Vertonung von vieren seiner Gedichte von Johannes X.

Schachtner wurde anlässlich des 150. Jahrestags der Stadterhebung Rosenheim vom Chor und Orchester des Rosenheimer Musikverein unter der Leitung von Thomas Johannes Mandl im Kultur- und Kongresszentrum uraufgeführt. Neben dem Werk von Schachtner standen ebenfalls als Uraufführung von Thomas Johannes Mandl der „Lebenslauf“ für Chor und Streicher nach einer Ode von Friedrich Hölderlin sowie „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms auf dem Programm.
„Vierzehn-Tableau dramatique“ heißt die klassische Vertonung für Soli, Chor und Orchester, mit der Komponist Johannes X. Schachtner für die geheimnisvoll-abgründigen Gedichte Trakls einen musikalisch stimmigen Ausdruck gefunden hat. Das Werk ist gekennzeichnet von nervenzerreißenden Dissonanzen, ätherischer Zartheit und explosiver Wucht. Anklänge aus dem katholischen Totenmessritus wandelten sich in der „Romanze zur Nacht“ in zart-zerklüftete Melancholie und Hoffnungslosigkeit. Faszinierend war das konstant leise Summen des Chores, der für die beiden Sänger einen magischen Klanghintergrund schuf. Bariton Horst Lamnek konnte vor allem in „De Profundis“ mit messerscharfer Kälte brillieren, während Katharina Maria Bauers heller, ein wenig vibratolastiger Sopran die Hörer in dem Gedicht „Klage“ faszinierte. Fanfaren der Bläser, sich dramatisch steigernde Trommelwirbel und laute Gongschläge kontrastierten zum musikalisch zarten Auf- und Abwogen von Flöten und Streichern. Im Kopf des Hörers entstanden Bilder apokalyptischer Visionen und wilder Schwermut.
In Thomas Johannes Mandls eher traditionell anmutender, kurzer Vertonung einer Hölderlin-Ode kamen die sich langsam entfaltenden Streicher klangschön zur Geltung. Der komplizierte Text des Dichters wurde vom Chor deutlich und feinfühlig artikuliert. Der kanonartige Wechsel von Männer- zu Frauenstimmen und das geheimnisvoll kühl gesprochene „wohin er will“ gingen unter die Haut. Hölderlins kunstvolle Sprache empfing durch die Musik eine geniale Ergänzung und Steigerung.
„Ein deutsches Requiem“ op. 45 von Johannes Brahms ist eine menschliche, romantisch erlebnishafte Auseinandersetzung mit der Tragik des Todes. Vergänglichkeit und Ewigkeitshoffnung, Trauer und Trost stehen in diesem Werk einander gegenüber. Der leise, ernste Beginn des Chores mit „Selig sind, die da Leid tragen“ wurde vom Orchester schwer und lastend begleitet und erhielt am Ende allein Trost durch aufsteigende Harfen-Arpeggien. Gedämpfte Klangfarben herrschten im zweiten Teil des Werkes, die refrainartig wiederkehrende Melodie schuf eine Atmosphäre von Klage und Trauer. Bald aber leuchteten strahlend die Posaunen und Holzbläser und verkündete der Chor die Freuden der Ewigkeit.
Im dritten Teil ergriff Horst Lamnek das Publikum mit einem Ton persönlicher Erschütterung. Nach dem akkordischen Chorgesang im vierten Teil überwindet die Zuversicht die Todesangst. Sopranistin Katharina Maria Bauer, vom Chor wie von einem Klangteppich leise begleitet, sang seelenvoll mit freudigem Herzen „Ihr habt nun Traurigkeit, aber ich will euch wiedersehen“. Aufwühlend war schließlich der sechste Teil mit seinen „Dies irae“-Klängen, die von der Zuversicht des zunächst verhalten singenden Chors überwunden wird.
Mit sparsam-konzentrierten Gesten führte Dirigent Thomas Johannes Mandl Chor und Orchester des Musikvereins Rosenheim zu einem rasanten Fortissimo-Schluss. Im siebten Teil sang der Chor stimmlich klar akzentuiert zu einer vom Orchester weit gespannten, ruhigen Melodie.
Für das ergreifende Werk, das mit einem leise und lange nachhallend verklingenden „Selig“ endete, erhielten alle Beteiligten vom Publikum nach einer kurzen Pause des Innehaltens lang anhaltenden Beifall.